Stuart Morgan – Limitationen des Egoismus - 1986
Texte

In der weißen Galerie bewegt sich der Besucher, nähert sich, bleibt stehen, zieht sich zurück und schreitet in Kreisen. Die Formen der Exponate ermutigen zur körperlichen Begegnung, aber man wird wieder entmutigt durch die Materialien – diese blanken, soliden Betonkörper – und andererseits die Teile aus Blech, die von ihnen umgeben werden. Der Übergang von Beton zu Kupfer, kalt zu warm, bezeichnet den Wechsel von Körpersprache zu purer optischer Sinnlichkeit. Da diese zweiteilige Struktur mit der Beziehung zwischen Ganzheit und Fragment spielt, werden Spannungen zwischen dem, was schnelle erfasst werden kann, und er Bedeutung von wortwörtlichen Metaphern der Berührung festgemacht. Und da die orgiebige Kombination von Abwesung und Gestatten den Besucher zum Ausgangspunkt zurückwirft, wird die Frage zu einer der geistigen Auffassung, der Fähigkeit des Sehens allein. Die physische Auseinandersetzung mit der Skulptur verändert sich zu einer Allegorie der Deutung.

In Manfred Wakolbingers frühen Werken wurden die Podeste allmählich nicht mehr unterscheidbar von den Figuren, die sie trugen. Mit der Zeit charakterisierte ein subtileres Spiel mit akzeptierten Dichotomien sein Denken. Obwohl die glänzenden Oberflächen Licht zu absorbieren und sich gegenseitig zu reflektieren scheinen, wird eine Einengung durch die Betonbehälter verhindert, indem sie anklingen an brutalistische Architektur und Corporate identity. Das Ergebnis ist verwirrend, aber dabei ist die Deutlichkeit dieser Verwirrung alles andere denn einfach. Behälter dienen dazu, Reichtum zu betonen und die Individualität der verborgenen Tiefe. Und dennoch, sie verhindern jeglichen Besitz dieser Tiefen, außer einem zwiespältigen visuellen Besitz, in dem Raum verwirrt wird und totales Verschließen nahe liegend erscheint. Das Innen der Wakolbingers kann nicht beplündert, nicht einmal berührt werden. Sie isolieren den Blick, während sie andere Möglichkeiten evozieren; darüber hinaus mögen sie wohl die Präsenz des Beschauers wahrnehmen oder andererseits drohen, nur sich selbst zu reflektieren; und damit ist das Versprechen, das sie ausstrahlen, ein bloßer Trick des Lichtes, der unter die Haut geht. Je höher der Anteil der Romantik, desto höher ist der Grad der begleitenden Ironie. Genau jene Kräfte, die sich gegen die Sehnsucht aufzulehnen scheinen, sind jene, die ihre Beständigkeit sichern, indem sie sie sakrosankt und unerfüllt halten. Sobald Körperlichkeit dem Optischen weicht, wird die Position des Betrachters durch eine rein spekulative ersetzt. Von hier aus kann das Objekt weder leicht noch erschöpflich erkannt werden, und was übrig bleibt, ist eine bloße Hülle, die trotzdem eine Einheit darstellt, und alles ist möglich. Was als Kritik an der unmöglichen Spannung zwischen dem Einschluss von Vernunft und den Gefühlen begonnen hat, endet mit dem Verlangen, es mit der Trennung der beiden bewenden zu lassen.

Während konstante meditative Stimulanz vorgesehen ist, bleiben Wakolbingers feurig glühende Flächen und Hohlräume einnehmbar. Noch deutlicher und geiziger als Spiegel, erlauben sie Zugang zu genau jener Beziehung, die dem einzelnen Besucher in dieser einsamen, weißen Galerie verweigert wird; zwischenmenschlicher Kontakt. Nicht jede Skulptur errötet, wenn man sie anschaut. Schlussendlich, das Thema Wakolbingers könnte die Liebe sein.

In der westlichen Kultur hat das leere Gefäß häufig die symbolische Bedeutung von Verlangen nach Inspiration. Indem er utopische und materialistische Abstraktion zusammenbringt – diese beiden Positionen werden durch Malewitsch und Rodschenko eingenommen – deutet Wakolbinger an, dass Kunstobjekte Gefäße sind, die so lange leer bleiben, bis sie irgendwie von den Betrachtern gefüllt werden, die dabei auf obskure Weise reflektiert werden, während sie dies tun; sodass, wenn Sehnsucht ein dauerhafter Bestandteil unserer Lebens ist, es wahrhaftig auch der Trieb ist, das Weltliche zu überwinden. Und dass das ideale Kunstwerk, für das sie die Modelle sind, ein Mittel vorsehen würde, die Sehnsucht zu erhalten und uns zu erlauben, mit unseren Bedürfnissen zurecht zu kommen, während wir ihnen nachgeben und uns damit sofortige Lustgefühle gewähren.

Wie seine Fotografien zeigen, ist Wakolbingers Blick für dekorative Effekte – eine Wendeltreppe, ein verwachsener Brunnen – in seiner Quintessenz wienerisch. Und wie die ganze großartige Kultur Wiens, ist das Problem, welches sie aufwerfen, das Verhängnis der Lust. Ein schneller Schein vom Aufblitzen der Reflektoren im Inneren eines Leuchtturmes in Portugal auf ein Gusseisengitter im Rokokostil, vor einem Fenster, und der Rückschluss ist klar: dass, obwohl die Fragmentierung des Individuellen unvermeidbar ist, es dennoch durch das Ornament umgangen werden kann – eine Verbindung von Intellekt und Sinnlichkeit, die ein aus dem klassischen Modernismus vererbtes Modell ist.

Dass Wakolbingers letzte Arbeiten modular sind und intentionell neu arrangiert werden könne, kommt nicht überraschen; die wiederholte Geste, die Grenzen des eigenen Selbst zu hinterfragen, muss nicht ohne Freude sein; vielmehr ist der ganze Akt der wiederholten Übung in sich ein Grund zu Feierlichkeit.